Einleitung Was heißt diversitätsorientierte Öffnung?

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Diversitätsorientierte Öffnung und Organisationsentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe - eine zeitgemäße Antwort auf die gesellschaftliche Herausforderung von Vielfalt und Diskriminierung

Vielfalt prägt unsere Gesellschaft. Pluralisierung, Individualisierung und Globalisierung sind keine neuen Phänomene, sie haben sich in den letzten Jahrzehnten aber derart intensiviert, dass Vielfalt sich heute komplexer gestaltet und als gesellschaftliche Tatsache nicht mehr leugnen lässt. Für die öffentliche und freie Kinder- und Jugendhilfe gesellen sich infolge dieses gesellschaftlichen Wandels zu den bekannten Aufgaben neue (und neu erkannte) Herausforderungen. Als Erbringerin einer zentralen sozialen Dienstleistung muss sie den Bedarfen aller Bevölkerungsteile gerecht werden, wodurch der Anspruch speziell an Jugendämter als Steuerungsverantwortliche der KJH beständig wächst.

Trotz eines wachsenden Bewusstseins für unterschiedliche Diskriminierungsformen ist der Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen für viele Menschen immer noch erschwert oder sogar ganz verbaut. Die Grundprinzipien der Kinder- und Jugendhilfe wie sie im SGB VIII verankert sind, können mit Blick auf bestehende Barrieren bislang nur als partiell realisiert gelten. Barrieren können einerseits auf Seiten der Leistungsberechtigten verortet werden, wenn z.B. Vorbehalte und Ängste gegenüber Ämtern und Behörden sie davon abhalten, Angebote wahrzunehmen. Andererseits bestehen auch innerhalb von Institutionen und Organisationen der KJH Barrieren, die dazu führen, dass ihre Angebote die Leistungsberechtigten nicht erreichen oder aufgrund mangelnder Passgenauigkeit nicht die beabsichtigte Wirkung entfalten.

Vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Relevanz der Kinder- und Jugendhilfe ist die ungleiche Inanspruchnahme ihrer Angebote und Leistungen ein besorgniserregender Befund. Tendenziell erreichen die präventiven Hilfesysteme der öffentlichen KJH gerade diejenigen nicht hinreichend, die besonders auf Förderung und Unterstützung angewiesen wären. Die hierfür ausschlaggebenden Barrieren – so unterschiedlich sie im Einzelnen auch gelagert sind – zeugen davon, dass die Strukturen und Angebote der Kinder- und Jugendhilfe die vielfältigen individuellen Bedarfe der Leistungsberechtigten nicht ausreichend adressieren.

Für Jugendämter und freien Träger der Jugendhilfe ergibt sich daraus zweierlei: Zum einen müssen sie eine Sensibilität dafür aufbringen, dass Problemlagen von Kindern und Jugendlichen bzw. ihren Familien durch Diskriminierung (mit)verursacht sein können. Zum anderen müssen sie selbstkritisch hinterfragen, inwiefern auch ihre eigenen Strukturen und Praktiken Diskriminierung (re-)produzieren.

Die Kinder- und Jugendhilfe fußt auf den Grundprinzipien Soziale Gerechtigkeit, Gleichheit für alle und Teilhabe. Sie übernimmt damit eine Schlüsselrolle für die Gestaltung langfristiger Inklusion – im Sinne eines erweiterten Inklusionsverständnisses – und gesellschaftlicher Teilhabe aller in Deutschland lebenden jungen Menschen. Ihre Hilfesysteme sind im Hinblick auf die Förderung, Beratung und Unterstützung von Kindern und Jugendlichen und ihren Familien unverzichtbar. Durch das breite Aufgabenfeld profitiert inzwischen eine immer größere Anzahl junger Menschen während ihres Heranwachsens von den Leistungen und Angeboten der KJH. Diese werden einerseits durch die Jugendämter der Städte, Bezirke oder Landkreise erbracht und andererseits durch Träger der freien Jugendhilfe wie Initiativen, Vereine oder Stiftungen.

Als soziale Dienstleistung muss sich die Kinder- und Jugendhilfe den sich verändernden gesellschaftlichen Bedingungen anpassen und auf aktuelle Erfordernisse und Bedarfslagen der Bevölkerung in ihrer gesamten Vielfalt eingehen können. Ein professioneller Umgang mit Diversität darf nicht davon abhängig sein, ob einzelne engagierte Mitarbeiter*innen eine optionale Zusatzqualifikation erlangen. Vielmehr ist er ein unabdingbares Qualitätsmerkmal professioneller Arbeit in einer sich diversifizierenden Gesellschaft. Um diesen Anspruch realisieren zu können, brauchen die operativen Organisationen praktikable Strategien, mit denen sich auf eine Veränderung hinwirken lässt.

Vielfalt und Diskriminierung als gesellschaftliche Tatsachen anzuerkennen und in die eigene Arbeit mit einzubeziehen erfordert einen umfassenden Veränderungsprozess in den Organisationen.

Dieser Veränderungsprozess wird diversitätsorientierte Öffnung und Organisationsentwicklung genannt.

Mit diversitätsorientierter Öffnung lassen sich Barrieren für Leistungsberechtigte abbauen und dadurch mehr Teilhabegerechtigkeit in der KJH herstellen.

(gekürzte Fassung aus Einleitung in: Bildungsteam Berlin-Brandenburg e.V. (Hg.); Elisa Schmidt, Salka Wetzig und Iven Saadi (Autor*innen) (2018): Diversitätsorientierte Interkulturelle Öffnung in Jugendämtern – Handlungsimpulse für eine Organisationsentwicklung, S. 10-12 )

 

Gemeinsam für eine bessere Kinder- und Jugendhilfe für alle.

Quellen- und Literaturhinweise:

  • Bildungsteam Berlin-Brandenburg e.V. (Hg.); Elisa Schmidt, Salka Wetzig und Iven Saadi (Autor*innen) (2018): Diversitätsorientierte
    Interkulturelle Öffnung in Jugendämtern – Handlungsimpulse für eine Organisationsentwicklung

diversity-jugendhilfe.de ist Bestandteil des Modellprojektes „Diversitätsorientierte Interkulturelle Öffnung der Jugendhilfe – Diskriminierungsschutz stärken und Vernetzung fördern“ in Berlin und Brandenburg (Oktober 2020 – September 2022) des Bildungsteams Berlin-Brandenburg e.V.